Mit wachsenden Erkenntnissen in der Veterinärmedizin, nimmt das Blickfeld von Krankheiten, die unsere Pferde betreffen, fortlaufend zu. Das Cushing Syndrom ist seit mehr als 70 Jahren bekannt, wurde aber oft falsch gedeutet. Heute jedoch, mit unseren verbesserten Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, erreichen betroffene Pferde ein höheres Alter und genießen eine bessere Lebensqualität. Über den aktuellen Stand der Forschung, möchte ich Sie in den folgenden Zeilen informieren:
Was ist das „equine Cushing-Syndrom“?
Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Namen für diese Krankheit, dabei wurde der Name „equines Cushing-Syndrom“ (ECS) am häufigsten akzeptiert um die Krankheit zu beschreiben.
Das Cushing-Syndrom wird primär ausgelöst durch eine Störung der Hypophyse, die innerhalb des Gehirn sitzt. Die Hypophyse ist eine Hormondrüse. Sie ist Schnittstelle zwischen Körper und Gehirn und funktioniert wie eine Art Versandzentrum, in welchem Hormone und andere chemische Stoffe, wie zum Beispiel das „Propionmelanocortin“ (POMC) produziert und dann in den Körper zur Kontrolle der Körperfunktionen freigegeben werden. Pferde die unter dem „Cushing-Syndrom“ leiden erkranken an einem Zusammenbruch der Hypophyse. Die Kontrollfunktion ist gestört und die Hypophyse produziert ständig POMC.
Diese überaktive Funktion der Hypophyse, kann an Größe zunehmen und sogar gutartige Tumorzellen entwickeln, die gegen das Gehirn drücken. In einem fortgeschrittenem Stadium der Krankheit kann diese Kompression so schwerwiegend sein, dass es neurologische Probleme verursacht wenn die Drüse zu groß wird. Die „Cushing-Krankheit“ wurde oft als ein gutartiger Tumor des Gehirns beschrieben, aber es steht immer noch zur Debatte, ob es sich tatsächlich um einen Tumor oder um eine Hypertrophie, eine Gewebevergrößerung als Folge der erhöhten Arbeit der Hypophyse, handelt (ähnlich wie Muskeln, die sich unter Arbeit vergrößern). In der Tat kann die Hypophyse Zellen entwickeln, die zu einem Tumor wachsen, aber es ist unbekannt, was zuerst kommt, Hypertrophie oder der Tumor.
Eine überaktive Hypophyse beeinflusst auch die Nebennieren des Pferdes (in der Nähe der Nieren). Stimuliert durch erhöhte POMC-Produktion, produzieren die Nebennieren in erhöhtem Maße Cortisol, was zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen beiträgt. Ein erhöhter Cortisolspiegel ist ein charakteristisches Zeichen für die Erkennung und Diagnose der Cushing-Krankheit bei Pferden.
Durch neue Erkenntnisse in der Forschung konnten viele Fragen zur „Cushing-Krankheit“ beantwortet werden, aber gleichzeitig führte dies auch zur Entwicklung neuer Fragen. Es ist nun bekannt, dass bestimmte Nervenzellen im Gehirn Dopamin absondern. Bei normalen Pferden hemmen diese Zellen eine überaktive Hypophyse und sind in großer Zahl vorhanden. Pferde die unter der „Cushing-Krankheit“ leiden, haben Dopamin produzierende Zellen mit einer verminderten Antioxidationsfähigkeit. Somit sind diese Zellen anfälliger zu Sterben. Aber die Frage bleibt nach dem Warum? Was bekannt ist, dass weniger Dopamin produzierende Zellen die Hypophyse nicht herunterfahren können und sie weiterhin unkontrolliert arbeitet.
Klinische Cushing Zeichen
Charakteristische Symptome eines an „Cushing“ erkranktem Pferd sind die Abnahme des Körpergewichts und ein langer, wellenförmiger Haarmantel, der ganzjährig wächst. Viele Menschen glauben unwissentlich, dass ihre Pferde einfach älter werden. In Wirklichkeit sind diese Pferde oft krank. Neben dem langen Fell sind „Cushing-Pferde“ in der Regel lethargisch, schwitzen leicht, neigen zu hohen Temperaturen und trinken und urinieren übermäßig, außerdem haben sie Fruchtbarkeitsprobleme. Pferde mit dieser Krankheit neigen auch zu einem erhöhtem Risiko zur Entwicklung der Hufrehe. Die hohen Cortisolspiegel im Körper senken das Immunsystem und machen das Pferd anfälliger für Infektionen wie z. B. verzögerte Heilung, wiederkehrende Huf- oder Zahnabszesse, Sinusinfektionen und chronische Pilz-, Bakterien- oder Parasiteninfektionen. Sogar eine Lungenentzündung ist möglich.
Während die „Cushing Krankheit“ fortschreitet, treten immer mehr Körperveränderungen auf, und die Symptome werden deutlicher. Dies kann Jahre dauern und es führt zu einer Kettenreaktion. „Cushing-Pferde“ metabolisieren in einer höheren Rate Protein, welches einen Muskelzusammenbruch bis hin zum Muskelschwund verursacht. Sehr auffällig wird dies bei fortschreitender Krankheit an den Hüften. Die geschwächte Bauchmuskulatur wird durch das Gewicht des Darms gestreckt, wodurch ein „Topfbauch“ entsteht.
Wie schon erwähnt können in den fortgeschrittenen Stadien der Krankheit schwere neurologische Probleme auftreten, wenn die Hypophyse so groß ist, dass sie Kompressionen im Gehirn verursacht. Zu den Symptomen der Kompression gehören Ataxie (unkoordinierte Bewegung der Gliedmaßen), Fieber, Hyperventilation welche zum Tode führen können. Wird die Krankheit nicht behandelt, wird die Hypophyse immer größer, das Immunsystem schwächer und der Zustand des Körpers verschlechtert sich zunehmend. Diese Pferde sehen sehr alt aus. Ihre Haare sind extrem lang, manchmal mehrere Zentimeter lang und sehr wellig. Sie atmen schwer und schwitzen in ihren Ständen und scheinen extrem lethargisch. Sie können anfangen, beim Gehen zu schwanken und in den extremsten Fällen an den Punkt kommen, wo sie nicht aufstehen können.
Krankheitsdiagnose
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um beim Pferd die Cushing-Krankheit zu diagnostizieren. Die klassische Methode ist es, im Körper Cortisol in Reaktion auf einen äußeren Reiz, vor allem Dexamethason (ein Kortikosteroid) zu messen. Wird Dexamethason einem gesundem Pferd verabreicht, so wird die Hypophyse heruntergefahren. Pferde die unter der „Cushing-Krankheit“ leiden reagieren nicht auf den Dexamethason- Reiz und ihre Hypophyse produziert weiterhin POMC, wodurch ihre Nebennieren weiterhin Cortisol produzieren. Dieses Dexamethason-Testverfahren ist als der „Dexamethason-Suppressionstest“ bekannt. Je höher die Dosis von Dexamethason, desto mehr sollte die Hypophyse unterdrückt werden.
Es gibt tatsächlich zwei Arten von „Dexamethason-Suppressionstests“: hochdosierte Dexamethason Unterdrückung und niedrig dosierte Dexamethason Unterdrückung Es mag offensichtlich erscheinen, dass die hohe Dosis genauer ist und der Test der Wahl sein sollte, aber es ist ganz ohne Komplikationen: Aus diesem Grund versuchen Forscher und Kliniker alternative Wege zu finden, um an Pferden die „Cushing-Krankheit“ zu testen, und sie haben einige gefunden.
Eine Alternative ist also der niedrig dosierte „Dexamethason-Suppressionstest“. Dieser Test ist der Standard geworden und ist theoretisch sicherer, aufgrund der niedrigeren Dosis von Dexamethason, vor allem für das Pferd, das bereits eine Episode von Hufrehe hatte. Einige Forscher schlagen vor, den Test während der Herbstmonate zu vermeiden, da der Hormonspiegel in den Pferden saisonal variieren kann. Im Herbst stoßen die Forscher häufiger auf falsch-positive Ergebnisse.
Es wurde ein neuer Test entwickelt, der ein Thyrotropin-freisetzendes Hormon und Dexamethason kombiniert. Von einigen Tierärzten und Forschern wird dieser als „DST / TRH“ -Test bezeichnet. Dieser Test ermöglicht eine höhere Genauigkeit beim Testen in frühen Stadien der Krankheit.
Andere Testverfahren wurden auch entwickelt, hauptsächlich in dem Bemühen, die Verabreichung von Dexamethason an Pferde zu verhindern, die eine Hufrehe haben oder ein größeres Risiko haben, diese zu entwickeln. Eine solche Methode ist, das Niveau von ACTH (adrenocorticotropic Hormon) im Körper zu bewerten. Es ist gezeigt worden, dass dieses in bei „Cushing-Pferden“ höher ist. Leider kann dieser Test in den frühen Stadien falsch negative Aussagen treffen, das bedeutet, obwohl die ACTH-Werte niedrig sind, kann das Pferd bereits unter der „Cushing-Krankheit“ leiden.
Es gibt Forscher, die der Meinung sind, ein hoher Insulinspiegel sei ein Indikator für die Krankheit, und einige Forscher widmen sich der Prüfung des Kortisolspiegels im Speichel.
Ein weiterer Test überwacht und misst die Tag und Nacht Ebenen von Cortisol. Bei gesunden Tieren wurde gezeigt, dass der Morgenspiegel von Cortisol hoch ist, und in den Abendstunden abfällt. Der Unterschied zwischen Morgen und Nacht sollte mehr als 30 Prozent betragen; Wenn nicht, wird theoretisiert, dass das Cortisol auf einem konstanten Niveau, als Folge der überaktiven Hypophyse, bleibt.
Die Behandlung des „Cushing-Pferdes“
Es gibt ein paar Medikamente für die Behandlung der „equinen Cushing-Krankheit“, die besser sind als andere. Das heute am häufigsten verwendete Medikament zur Behandlung der Krankheit ist Pergolid. Dieses Medikament wird auch in der Humanmedizin zur Behandlung von an Parkinson erkrankten Menschen verwendet. Es stimuliert die Freisetzung von Dopamin, welches die Hypophyse herunterfährt. Das Medikament wurde ausreichend erforscht und es gibt eine sehr begrenzte Anzahl an Nebenwirkungen. So konnte bei Anwendung von Pergolid gute Ergebnisse mit einer hohen Wirksamkeit erzielt werden. Einge Pferdebesitzer berichteten, dass ihre Pferde nach der Behandlung um 10 Jahre verjüngt erschienen.
Cyproheptadin war bisher das ursprüngliche Medikament der Wahl für die Behandlung der „equinen Cushing-Krankheit“ , aber viele Studien zeigen nun, dass seine Wirksamkeit nicht annähernd so gut ist wie die von Pergolid. Einige Berichte zeigen jedoch, dass Cyproheptadin in Kombination mit Pergolid effektiv sein kann.
Ein menschliches Medikament namens Trilostan verpricht eine erfolgreiche Behandlung der „Cushing-Krankheit“. Dieses Medikament arbeitet auf der Ebene die Nebenniere in ihrer Cortisolproduktion zu verlangsamen. Aktuelle Forschungen haben gezeigt, dass dieses Medikament einige Symptome der Krankheit umkehren konnte.
Es wird immer mehr Forschung betrieben um diese Ergebnisse zu reproduzieren und die Sicherheit der Arzneimittel bei Pferden zu beweisen.
Außerdem gewinnt die Ernährung für das Management der „Cushing-Krankheit“ an Bedeutung. Antioxidantien wie die Vitamine E und C könnten eine Rolle bei der Unterstützung von „Cushing-Pferden“ spielen. Zum Beipeilt gilt Mönchspfeffer als organische Quelle zur Dopamin-Stimulation. Es wurde noch nicht vollständig wissenschaftlichen Tests unterzogen, so sind die Forscher noch auf der Suche ob es als ein Mittel zur Behandlung von „Cushing-Pferden“ genutzt werden kann.
Die Fütterung eines an „Cushing“ erkranktem Pferd kann sehr schwierig sein, es gibt leider keine festgelegte Rezeptur. Allerdings steht fest, dass Pferde mit der „Cushing-Krankheit“ sich besser entwickeln wenn, ähnlich wie bei Pferden mit Hufrehe, auf eine Ernährung basierend auf wenig Zucker und wenig Stärke gepocht wird. Diese Art von Fütterung besteht in der Regel aus Luzerne und Getreide. Wenn die Krankheitssymptome nicht zu stark ausgeprägt sind, können Futtermittel wie Soja und Rübenschitzel verwendet werden, welche helfen das Gewicht zu halten. Generell versuche ich, Pferde mit „Cushing-Syndrom“ vorwiegend mit Wiesenlieschgras und Heu von Streuobstwiesen, zusammen mit pelletierten Futtermitteln, wie oben erwähnt, zu füttern. So wird das Gewicht gehalten und der Zucker soweit wie möglich reduziert um keine Hufrehe zu induzieren.
Insulinresistenz
Ein wirkliches Missverständnis, welches über die „Cushing-Krankheit“ herrscht, ist, dass betroffene Pferde hypothyroid (Unterfunktion der Schilddrüse) und fett sind. Das sind sie nicht. Wir wissen zwar nicht genug über die Schilddrüse und ihre Hormone, aber es steht derzeit fest, dass die Schilddrüse keine direkte Rolle bei Pferden mit der „Cushing-Krankheit“ spielt. In der Vergangenheit wurden viele ältere Pferde mit der „Cushing-Krankheit“ diagnostiziert und auf Schilddrüse Medikamente gesetzt. Dabei ist nachgewiesen worden, dass dies nicht hilft um Pferde mit „Cushing“ zu behandeln. Zudem sind Pferde die an einer Unterfunktion der Schilddrüse leiden gar nicht fett sondern sogar oft sehr dünn.
Es ist das Pferd mit Insulinresistenz, welches fett ist. Die Hypophyse hat nichts mit dieser Krankheit zu tun. Stattdessen, wie der Name schon sagt, werden Zellen resistent gegen Insulin. Wenn dies geschieht, werden Zucker (Kohlenhydrate), die im Blutkreislauf zirkulieren, nicht mehr in die Zellen durch Insulin gezogen. Dies hinterlässt übermäßigen Zucker im Blut, das in Fett umgewandelt wird. Bei Pferden führt dies häufig zu einem krummen Hals und großen Fettpolstern an abnormalen Orten.
Die Schwierigkeiten mit der modernen Pferdehaltung ist, dass wir unseren geliebten Pferden oft zuviel Nahrung zur Verfügung stellen, sodass sie fett werden können. Insulinresistenz kann schlimme Gesundheitsprobleme verursachen, besonders im Huf, wo Laminitis auftreten kann.
Fazit
Cushing ist eine leicht erkennbare und behandelbare Krankheit, aber leider kann es noch nicht vollständig geheilt werden. Es ist eine langsam voranschreitende Krankheit, die oft in den frühen Stadien nicht erkannt wird. Leider wird die „Cushing-Krankheit“ in der Regel diagnostiziert, sobald die klinischen Zeichen schon fortgeschritten sind. Wenn sie früh erkannt wird, ist die Behandlung der Verringerung der klinischen Anzeichen oft erfolgreich und die betroffene Pferde führen ein fast normales Leben. So bietet die Behandlung auch später in den fortgeschrittenen Stadien noch eine verbesserte Lebensqualität und Langlebigkeit.
Diese Krankheit betrifft mich persönlich seit bei meinem eigenen Pferd Prophecy im Alter von 9 Jahren das „Cushing-Syndrom“ durch den Morgen-Nacht Cortisol Test diagnostiziert wurde. Dies geschah vor 4 Jahren und ich behandele ihn seitdem mit Pergolid. Seine Symptome waren zum Zeitpunkt der Diagnose sehr schwach und subtil. Er aß phasenweise nicht richtig, zeigte sich faul in der Halle und erkrankte an einer leichten Hufrehe. Ein benachbarter Freund, dessen Hund an „Cushing“ erkrankt war, machte mich auf die Krankheit aufmerksam.
Nach meinem Erfahrungsschatz können Pferde mit der Cushing Krankheit einen aktiven Lebenstil führen. Mit fortschreitender Behandlung werden die Probleme weniger werden. Mit der richtigen Ernährung erkranken diese Pferde selten an Hufrehe.
Insgesamt sollten Pferdebesitzer diese Krankheit nicht fürchten, aber wir müssen alle einen gesunden Respekt vor ihr haben.
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